von Ricarda Scholz
Schon einige Jahre hatte ich diesen Kurs in meinem Hinterkopf gespeichert. Dieses Jahr sollte nun das Jahr sein, wo ich an diesem teilnehmen sollte- das Schicksal hat es so entschieden. Angefragt, gebucht, geplant! Los geht´s!
Ich war noch nie auf der Insel La Gomera, geschweige denn auf einer der anderen kanarischen Inseln, weshalb ich mich auf die neuen Eindrücke sehr freute. Vom Kurs selbst habe ich erwartet, dass wir als Gruppe an die Verhaltensforschung herangeführt werden, also theoretisch wie auch praktisch Einblicke darin gewinnen können. Gespannt war ich über den Austausch über den Umweltaspekt, die Problematiken, die es vor Ort und weltweit gibt bezüglich Meeresverschmutzung, Walfang, Fischerei usw. und welche Lösungen es geben könnte und schon gibt. Und natürlich konnte ich es kaum erwarten die Wale und Delfine vor Ort kennenzulernen.
Meine Erwartungen haben sich mehr als erfüllt. Leider haben wir nicht jeden Tag das Glück gehabt, Wale oder Delfine bei unseren Ausfahrten zu sehen, aber das war mir bewusst. Dennoch ist es immer eine große Hoffnung sie live zu sehen, in ihrem Zuhause. Die Natur und das Flair auf der Insel sind ebenso faszinierend. Mich hat die Insel verzaubert! Der Geschichte eines Vulkans so nahe zu sein, die Naturgewalten so eng beieinander zu sehen, war einfach überwältigend!
Bei den Arbeitstreffen, bei denen wir viel Wissen mitgeteilt bekamen, wurde uns erklärt und in Übungen gezeigt, wie man die Tiere beobachtet. Die Ausfahrten waren dafür da, das geteilte Wissen und die Übungen nun praktisch anzuwenden:
Wie verhalten sich die Tiere? Schnell Fotos machen! So viele wie möglich! Das Boot wackelt! Die Atmung beobachten! Die Gruppenstruktur-sind sie zerstreut oder eng beieinander? Wie viele sind es denn nun? Sind Jungtiere oder Neugeborene dabei? Wie unterscheide ich diese? Was war der Begriff dafür? Schauen, schauen, schauen. Was machen die Tiere? Gibt es Interaktionen mit dem Boot?
Bei den Beobachtungen das Gelernte umzusetzen, war für mich etwas herausfordernd, da ich so euphorisch war, genießen wollte und die Umgebung ausgeblendet habe, mich aber gleichzeitig auf die Theorie konzentrieren wollte. Es war ein tolles Gefühl mit viel neuem Wissen die Tiere zu beobachten. Was passiert da eigentlich? Wie geht es ihnen? Was machen sie? Wer ist da und warum machen sie dies oder jenes?
Auf allen Ausfahrten haben wir auch junge Cory-Sturmtaucher aus ihrer misslichen Lage gerettet, da viele es noch nicht schafften, nach dem Sprung von den Klippen weiter zu fliegen und auf dem Wasser hilflos waren. Wir holten sie auf das Boot und brachten sie an Land, wo sie in eine Auffangstation gebracht und aufgepäppelt werden. Auch sammelten wir bei jeder Fahrt Müll ein wie zum Beispiel ein Tau, eine Chlorflasche, Plastikteile, Reifen etc.
Am beeindruckendsten neben den Sichtungen von den Walen und Delfinen war, durch ein Hydrophon unter Wasser ihren Gesprächen lauschen zu können, obwohl wir sie nicht sahen. An einem Tag, wo wir keine Sichtungen hatten, haben wir das Hydrophon ins Wasser gelassen und konnten Klickgeräusche und Pfeiftöne hören- zu sehen war aber niemand. Und dies ist der Moment, bei dem einem Bewusst werden muss, dass sie da sind, auch wenn wir sie nicht sehen. Das war einer der spannendsten Momente des Kurses, zu erkennen, dass auch wenn keiner die Tür auf macht, jemand zu Hause ist. So als würden wir ungefragt vor der Tür unseres Nachbarn stehen, der dann nicht aufmacht, wir ihn aber reden hören. Er scheint wohl einfach keine Lust auf uns zu haben, oder keine Zeit, ist einfach anders beschäftigt. Sein gutes Recht, wenn wir unangekündigt erscheinen. Diese Freiheit gehört auch den Walen und Delfinen in den Meeren. Sie entscheiden, ob sie Lust haben die Tür aufzumachen oder ob sie ihre Ruhe haben wollen, nicht beobachtet und begleitet werden wollen. Und das, obwohl sie Zuhause sind.
Danke an die Tiere und das tolle Team von M.E.E.R. e.V. und OCEANO für diese ganz besondere Zeit!