ECS Workshop 2025
Workshop-Zusammenfassung: „Schutz von Meeressäugern – Ethische Perspektiven in einem Klima der Dringlichkeit“
Im Rahmen der 36. Konferenz der European Cetacean Society (ECS), die auf São Miguel (Azoren) stattfand, wurde am 13. Mai ein ganztägiger Workshop unter dem Titel „Schutz von Meeressäugern – Ethische Perspektiven in einem Klima der Dringlichkeit“ durchgeführt. Organisiert wurde er von Volker Smit (M.E.E.R., Deutschland), Dr. Luigi Bundone und Barbara Putnam (Archipelagos – Ambiente e Sviluppo, Italien) sowie Kapitän Noel Covian (Oceano Whale Watching La Gomera und Universität La Laguna, Teneriffa).
Ein herausragender Beitrag kam von Noel Covian, der sein Konzept „Towards Ethical Navigation: Integrating Cetacean Conservation into Seafarer Training“ präsentierte. In seinem Vortrag und anhand praktischer Beispiele betonte er eindringlich die Dringlichkeit, die maritime Ausbildung im Hinblick auf ökologische Verantwortung neu zu denken. Die bestehenden Ausbildungsstandards, die überwiegend auf dem internationalen SOLAS-Übereinkommen (Safety of Life at Sea) basieren, sind technisch orientiert und stark anthropozentrisch geprägt – dabei wird der marinen Tierwelt, insbesondere den Meeressäugern wie Walen und Delfinen, bislang kaum Beachtung geschenkt. Diese sind jedoch besonders häufig von Schiffskollisionen betroffen.
Covians Initiative zielt auf eine ethische Erweiterung des Sicherheitsbegriffs auf See ab, bei dem nicht nur menschliches Leben, sondern auch das Leben mariner Tiere berücksichtigt wird. Künftige Seeleute sollen nicht nur als navigatorisch versierte Fachkräfte, sondern auch als verantwortungsbewusste „Schützer:innen des Meeres“ ausgebildet werden – mit ökologischem Bewusstsein als integraler Bestandteil ihrer beruflichen Identität. Rückblickend bezeichnete Covian die Konferenz als einen Wendepunkt und als bedeutende Gelegenheit, seine Vision einem engagierten internationalen Fachpublikum vorzustellen.
Sein Fazit lautete: „Über den Workshop hinaus hat mir die Konferenz eine drängende Frage mit auf den Weg gegeben: Worauf warten wir noch? Seeleute brauchen dringend Werkzeuge und Orientierung, um sich aktiv an wissenschaftlich fundierten Schutzmaßnahmen für Meeressäuger zu beteiligen. Diese Lücke zu schließen ist entscheidend. Das ist die Botschaft, die ich mitnehme – die ECS-Konferenz war ein eindrucksvoller Beweis dafür, wie leidenschaftlich und tiefgreifend sich diese wissenschaftliche Gemeinschaft engagiert. Dieses Momentum müssen wir mitnehmen.“
Der Workshop verdeutlichte, wie Ethik, Naturschutz und maritime Bildung sinnvoll miteinander verknüpft werden können – und unterstrich die Notwendigkeit, gezielte Ausbildungsmaßnahmen zu entwickeln, um Schiffskollisionen zu vermeiden und den Schutz von Meeressäugern zu stärken. Ein greifbares Ergebnis war die Ausarbeitung eines offiziellen Unterstützungsschreibens der ECS, das die Entwicklung eines standardisierten Ausbildungsmoduls befürwortet, das sich an den Vorgaben des Internationalen Übereinkommens über Standards für Ausbildung, Zertifizierung und Wachdienst von Seeleuten (STCW) orientiert. Diese Initiative wird derzeit für eine mögliche Einreichung beim HTW-Subkomitee (Human Element, Training and Watchkeeping) der International Maritime Organization (IMO) vorbereitet – dem zuständigen Gremium für weltweite Standards in der maritimen Ausbildung.
Ziel ist es nun, diesen Ansatz prioritär in maritimen Hochschulen und Ausbildungsstätten zu verankern und ihn im Rahmen eines Promotionsvorhabens zum Thema „Spezifische Ausbildung für die Navigation in Gebieten mit dem Vorkommen von Cetaceen“ wissenschaftlich weiterzuentwickeln. Diese Schritte stellen einen wesentlichen Fortschritt dar – hin zu einer maritimen Ausbildung, die ökologische Verantwortung nicht als Zusatz, sondern als zentrales Prinzip begreift.