Mindful Conservation
Im Oktober 2022 wurde in der wissenschaftlichen Zeitschrift „Advances in Marine Biology“ ein Fachartikel unseres Vorsitzenden Fabian Ritter veröffentlicht: „Marine Mammal Conservation in the 21st Century: A Plea for a Paradigm Shift Towards Mindful Conservation”. Der Artikel beschäftigt sich mit verschiedenen Ansätzen im Meeresschutz und plädiert für einen holistischen und bewussten Umgang mit den Meeren und seinen Bewohnern. Dazu ist die Entwicklung eines (neuen) Narratives der Verbundenheit zwischen Mensch und Natur nötig, welches das derzeitig vorherrschende Narrativ der Getrenntheit ersetzen muss. Lesen Sie hier eine Zusammenfassung des Artikels.
Wale und Delfine gelten als Vorzeigearten für den Schutz der Meere, während sie gleichzeitig weltweit und oft in extremer Weise unter anthropogenen Einflüssen leiden. Es scheint eine große Diskrepanz zu geben zwischen dem, was wir Menschen über unsere Mitgeschöpfe im Meer denken, und unserem Anspruch, sie zu schützen. Warum hatte der rein wissenschaftlich–intellektuelle Ansatz zum Schutz der Meeressäuger in den letzten Jahrzehnten nur begrenzten Erfolg? Zwar gibt es einige offensichtliche Erfolgsgeschichten beim Wal- und Delfinschutz, dennoch ist die Situation für viele Arten und Populationen heute schlimmer als je zuvor. Das Konzept “Wir brauchen mehr Wissen” – ein Credo der Wissenschaft – wird oft sogar politisch missbraucht, um notwendige Schutzmaßnahmen aufzuschieben. Um unseren Weg hin zu einem tiefgreifenderen und effektiveren Meeresschutz zu gehen, müssen wir das Narrativ der Abspaltung ändern, d.h. das Konzept, dass der Mensch vom Rest der Natur getrennt ist. Stattdessen bedarf es eines Gefühls der Verbundenheit, d.h. ein Bewusstsein dafür, dass der Mensch ein integraler Bestandteil der Natur des Planeten ist. Anstatt Horrorgeschichten über die Notlage der Meeressäuger zu erzählen, müssen Naturschützer auch positive Emotionen für sie wecken. Ganzheitliche Aspekte des Meeresschutzes sollten in unsere Bemühungen einfließen, einschließlich der umfassenderen Integration von traditionellem Wissen und indigener Weisheit, der Anerkennung von Ökosystemfunktionen der Meeresbewohner und den Schutz der von ihnen aufrechterhaltenen Prozesse, der Achtung der “Heiligkeit” der Natur und der gleichzeitigen Konzentration auf die Individualität der Tiere, ihre Persönlichkeit und die kulturelle Identität einzelner Wal– und Delfin–Gemeinschaften. Ein wirksamer Schutz der Meeressäuger wird nur auf der Grundlage eines tiefgreifenden Wandels unserer Werte und eines grundlegenden Wandels des gesellschaftlichen Systems, in dem wir leben, möglich sein.
Der Artikel ist bei Science Direct verfügbar: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0065288122000165
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