Tote Wale auf den Kanaren
Berlin/La Gomera, 03.04.2006
Eine ungewöhnliche Häufung von Walstrandungen hat auf den kanarischen Inseln zum Tod von mindestens fünf Tieren geführt. Nach ähnlichen Vorkommnissen in der Vergangenheit fiel der Verdacht sofort auf mögliche Militärische Manöver im Gebiet der Kanaren.
Ende März strandeten zwei seltene Gervais-Schnabelwale (Mesoplodon europaeus) auf El Hierro und am Freitag wurde vor La Gomera ein Zwergpottwal (Kogia breviceps) tot auf dem Meer treibend gefunden. Kurze Zeit später wurde der Fund eines Pottwals sowie eines Rundkopfdelfins auf Fuerteventura bekannt.
Ab April 2006: Tote Wale auf den Kanaren
Die zeitliche Nähe der Strandungen ist typisch für Massenstrandungen, die durch bestimmte vom Militär benutzte Sonargeräte ausgelöst werden. Besonders die empfindlichen Schnabelwale reagieren mit einer Panikreaktion, und der schnelle Aufstieg zur Oberfläche aus großen Tiefen führt dann zu Symptomen ähnlich der Taucherkrankheit, welche schließlich den Tod der Wale zur Folge haben.
Bei den Walen, die auf El Hierro lebend strandeten, handelt es sich um Mitglieder der Familie der Schnabelwale. „Kleine Pottwale gehören ebenfalls zu jenen Arten, die tief und lange tauchen können. Daher ist es gut möglich, dass auch der vor La Gomera gefundene Wal eines unnatürlichen Todes starb“ sagt Fabian Ritter, Meeresbiologe des Berliner M.E.E.R. e.V., welcher seit Jahren ein Forschungsprojekt auf der kleinen Kanareninsel unterhält. „Die erste Untersuchung der Kadaver von El Hierro und La Gomera ergab, dass es sich um gesunde Tiere handelte, die erst kürzlich Nahrung zu sich genommen hatten. Das deutet ebenfalls auf einen unnatürlichen Tod hin. Das Zwergpottwalweibchen war tragischerweise trächtig und trug einen etwa drei Monate alten Fötus im Bauch“ so Ritter weiter.
Bereits 2002 und 2004 gab es Massenstrandungen von Schnabelwalen hier im kanarischen Archipel, und beide Male wurde ein eindeutiger Zusammenhang mit Militärmanövern hergestellt. Zuletzt strandeten vier Schnabelwale im Januar 2006 in Südspanien und die Zahl der mit Militärsonar in Verbindung gebrachten Massenstrandungen liegt weltweit inzwischen bei mehreren Dutzend. Tatsächlich kreuzten zur Zeit der Strandungen Kriegsschiffe in Kanarischen Gewässern. Von offizieller Seite gab es allerdings keine Stellungnahme.
M.E.E.R. e.V., die Gesellschaft zur Rettung der Delphine (GRD) und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) protestieren seit langem gegen den Einsatz der militärischen Sonargeräte. “Zumindest solche Gebiete, die für ein hohes Vorkommen an Walen und Delfinen bekannt sind, müssen unbedingt verschont bleiben”, sagt Denise Wenger, Biologin bei der GRD. “Die Verantwortlichen scheinen sich darum aber oft überhaupt nicht zu kümmern, denn die Europäische Union hat bereits eine Resolution erlassen, diese Sonargeräte nicht mehr einzusetzen und die Kanarische Regierung verlangte, gänzlich auf Übungen mit walschädlichem Sonar im Archipel zu verzichten. Die englische NAVY wurde erst kürzlich verpflichtet, spezielle Frühwarnsysteme zum Schutz der Wale zu installieren.„Diese Maßnahmen reichen bei weitem nicht aus“, sagt Jörg Dürr-Pucher von der Deutschen Umwelthilfe. „So lange Wale daran sterben, darf diese Technik nicht eingesetzt werden“.
Die Todesursache der jetzt gestrandeten Wale wird nun durch Experten der Universität von Las Palmas auf Gran Canaria festgestellt. Sie schickte umgehend Fachleute an die Orte des Geschehens, um die Wale zu untersuchen und umfassendes Probenmaterial zu sammeln.
Weitere Informationen und fotografisches Bildmaterial unter:
0034-686 171 425 oder 0034-922 805 717
Alle hier gezeigten Bilder zeigen den vor La Gomera gefundenen Zwergpottwal.