Erneut Pottwal durch Schiffskollision getötet
Anchorage/Berlin, 25.05.2007
Am vergangenen Wochenende ist erneut ein Pottwal an die Küste Teneriffas gespült worden, der mit einem Schiff kollidiert war. Eine aktuelle Studie belegt nun zum ersten Mal das immense Ausmaß des Schnellfährenverkehrs auf den Kanarischen Inseln: Die Schiffe legen pro Jahr zwischen den Inseln rund 1,5 Millionen Kilometer zurück, was dem 37fachen Erdumfang entspricht. Dabei kreuzen sie täglich vielfach auch solche Gebiete, die von der EU als Schutzzonen für Wale und Delfine deklariert sind.
Anchorage/Berlin, 25.05.2007
Schnellfähren beeinträchtigen auch Gebiete, die von der EU als Schutzzonen für Wale und Delfine deklariert sind. Zahlreiche Berichte von Schiffskollisionen mit Walen verdeutlichen die Gefahr, der die Tiere aber auch Passagiere ausgesetzt sind. Umweltverbände fordern die Einführung von effizienten Maßnahmen wie Geschwindigkeitsbegrenzungen oder die Verlegung von Fährrouten.
Die Internationale Walfangkommission (IWC) tagt derzeit in Anchorage/Alaska. Fabian Ritter, Meeresbiologe vom Berliner M.E.E.R. e.V., stellte dort als Mitglied der deutschen Delegation des Wissenschaftsausschusses eine neue Studie zur Bedrohung von Meeressäugern durch schnell fahrende Schiffe vor. Die Studie belegt jetzt, dass die Kanarischen Inseln eines der Gebiete sind, wo Schnellfähren in enormem Konflikt mit der Meereswelt stehen. „Die Fähren, die innerhalb des Kanarischen Archipels verkehren, legen insgesamt jedes Jahr rund anderthalb Millionen Kilometer zurück. Das ist eine Strecke etwa 37 Mal um den gesamten Globus“, erläutert Ritter ein Ergebnis der Studie. Der weitaus größte Teil davon sind Schnellfähren, die Geschwindigkeiten von bis zu 40 Knoten (ca. 75 km/h) erreichen. Zu ihnen zählt die weltgrößte Trimaran-Fähre mit einer Kapazität von 280 Autos und 1.290 Passagieren. Die Studie ergab weiter, dass auf den Kanaren jedes Jahr knapp 30.000 Überfahrten gemacht werden.
Der Schnellfährverkehr der Kanaren boomt wie kaum woanders
Die Schiffe durchkreuzen dabei Gewässer, die für ihre Artenvielfalt bekannt sind – und teilweise gemäß einer EU-Richtlinie bereits als Schutzgebiete deklariert sind. Insgesamt 28 Wal- und Delfinarten konnten um die Kanaren schon nachgewiesen werden, eine Zahl, die weltweit ihren Vergleich sucht. Mindestens sechs dieser Arten sind bereits von Schiffkollisionen betroffen, welche in den meisten Fällen tödlich enden. Die Tiere können den Schiffen einfach nicht schnell genug ausweichen, vielleicht nehmen sie sie auch gar nicht als Gefahr wahr. Die Zahl der getöteten Tiere ist unbekannt, laut offizieller Statistik wurden bis zu 9 Wale in einem einzigen Jahr gefunden. Es ist allerdings von einer hohen Dunkelziffer auszugehen.
Die Verletzungen, welche die Tiere davontragen, sind entsetzlich anzusehen. Einige Tiere werden durch die scharfen Rümpfe regelrecht zerteilt. Am stärksten betroffen sind Pottwale, deren kanarische Population allein aufgrund von Kollisionen als bedroht gilt. Das letzte Opfer, ein sechs Meter langes männliches Jungtier, wurde erst am vergangenen Wochenende in Porís de Abona an die Küste Teneriffas gespült. Todesursache: Schiffskollision.
Doch auch für die Menschen auf den Fähren sind die Kollisionen zwischen den Meeressäugern und den Schnellfähren alles andere als ungefährlich. „Im Jahr 1999 starb ein Fahrgast auf der Strecke zwischen Teneriffa und Gran Canaria, viele wurden verletzt: Das Schiff war bei voller Fahrt mit einem Wal kollidiert“, berichtet Jörg Dürr-Pucher, Generalbevollmächtigter der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH).
Eine effektive Politik ist überfällig
„Das Tragische ist, dass die Fährbetreiber das Problem nicht anerkennen und damit eine effektive Politik zur Bekämpfung der Problematik sehr erschwert wird. Bis heute kann ein Wal nur als Opfer einer Kollision identifiziert werden, wenn er auf See gefunden oder an Land gespült wird“, so Ritter weiter. „Dabei ist den meisten Touristen gar nicht an der hohen Geschwindigkeit der Fähren gelegen. Eine Umfrage, die wir auf La Gomera durchgeführt haben, ergab, dass mehr als 90 Prozent der Befragten auf Schnellfähren verzichten würden, wenn dadurch ein Beitrag zum Meeresschutz geleistet würde“.
M.E.E.R. e.V., und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) protestieren seit langem gegen den Einsatz der Schnellfäh-ren. „Zumindest solche Gebiete, die für ein hohes Vorkommen an Walen und Delfinen bekannt sind, müssen unbedingt verschont bleiben“, sagt Jörg Dürr-Pucher. Die möglichen Maßnahmen reichen von Geschwindigkeitsbegrenzungen über die Verlegung bestimmter Routen außerhalb der Schutzzonen bis hin zu speziellen Beobachtern an Bord. „Es gibt verschiedene Lösungsansätze, die das Problem zumindest entschärfen, man muss sie nur wollen! Unsere Forderungen liegen seit langem auf dem Tisch. Es wird höchste Zeit, dass die Politik auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene reagiert, denn es geht auch um die Sicherheit der Passagiere“.
Weitere Informationen und fotografisches Bildmaterial:
M.E.E.R. e.V., Bundesallee 123, 12161 Berlin TEL: (030) 85 07 87 55